„Zusammenrücken kann gelingen“

Milchgespräch in Neuwied

Die am Milchgespräch in Neuwied  teilnehmenden Vertreter der Bauernverbände, Molkereien, des Lebensmitteleinzelhandels, der Politik und der Verbraucher (Foto: food akademie).Auch im neuen Jahrzehnt steht die Milchwirtschaft vor großen Herausforderungen. Neben den geringen Milcherzeugerpreisen tragen auch schlechtere Rahmenbedingungen zur derzeitigen Situation der Milcherzeuger bei: Politische Auflagen, höhere Kosten, Tierwohldiskussionen, geändertes Verbraucherverhalten, die Lage auf dem Weltmarkt (z.B. Rohölpreise, Brexit oder Handelsabkommen) spielen ebenso wie die Wetterbedingungen oder das Bauernbashing eine Rolle für die negative Stimmung der Milchwirtschaft.
Um Positionen auszutauschen und gemeinsam nach Lösungswegen zu suchen lud Jörg Müller, Vizepräsident des Bundesverbandes des Deutschen Lebensmittelhandels (BVLH) sowie Vizepräsident des Handelsverband Mittelrhein-Rheinhessen-Pfalz, die Vorstandsmitglieder der Milchwirtschaftlichen Arbeitsgemeinschaft Rheinland-Pfalz e.V. (Milag) in die food akademie nach Neuwied ein. Dabei trafen Vertreter der Bauernverbände, der Molkereien, des Lebensmitteleinzelhandels, der Politik und der Verbraucher aufeinander.
Joachim Burgemeister (Genossenschaftsverband – Verband der Regionen) berichtete über aktuelle Entwicklungen am Milchmarkt. Dabei wurde deutlich, dass insbesondere in den deutschen Regionen, in denen Einkommensalternativen bestehen, vermehrt Milchviehbetriebe schließen. Die produzierte Milchmenge ist hierbei gleich geblieben. Dies führt zu einer Eigenversorgungsrate von 110% in Deutschland. Ein Absenken der Milchmengen ist jedoch nicht zielführend, denn Deutschland produziert nur 4% der Weltmilchmenge und hat deshalb kaum Einfluss auf die Preisbildung auf dem Weltmilchmarkt.
Franz-Martin Rausch (Hauptgeschäftsführer BVLH) erläuterte, dass die Themen Ernährung und Lebensmittelproduktion durchaus politisch sind. An runden Tischen werden aktuelle Themen wie z.B. Nährwertkennzeichnung, Lebensmittelverluste, Tierwohl und Tierschutz sowie Milcherzeugerpreise kontrovers diskutiert und Lösungen gesucht, die für alle Beteiligten realisierbar und für Verbraucher bezahlbar sind. Bei der Milchpreisdiskussion muss beachtet werden, dass der Lebensmitteleinzelhandel weniger Einfluss hat als häufig vermutet: Über 60% des Milcherzeugerpreises orientiert sich am Weltmarkt.
Die anschließende Diskussion wurde emotional, aber konstruktiv geführt und von Dr. Josef Derstappen (Geschäftsführer des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Nassau e.V.) auf einer sachlichen Ebene geleitet. Alle Akteure möchten zukünftig gemeinsam für ein besseres Verständnis für die Zusammenhänge bei Politik und Verbrauchern werben. Wichtig ist auch das Erreichen einer gesteigerten Wertschätzung für die wertvollen Milchprodukte und für die Leistungen der Landwirtschaft, die neben der Lebensmittelproduktion stattfinden. Außerdem soll der Austausch untereinander gestärkt werden. Michael Horper (Milag-Vorsitzender) und Jörg Müller (Vizepräsident BVLH) ziehen ein erstes positives Fazit. „Jeder verfolgt seine Eigeninteressen, aber es ist auch möglich, einen gemeinsamen Weg zu gehen. Genau dafür haben wir die Milag. Wir werden weiter die Zusammenarbeit voranbringen!“, so Horper. „Vor Ort werden gute und sichere Lebensmittel produziert, davon profitiert auch der Lebensmitteleinzelhandel. Wir begrüßen einen partnerschaftlichen Umgang miteinander.“, beschließt Müller das erste Gespräch mit dem Lebensmittelhandel.