„Kunst trifft Milch“

Graffiti für rheinland-pfälzische Silos zum Internationalen Tag der Milch

Im Mai verwandelten Graffitikünstler zwei graue Silos in Rheinland-Pfalz in einzigartige Milchkunstwerke. Ein Motiv verschönert seitdem die triste Silofläche bei Familie Bormann in Biesdorf (Eifel), ein weiteres den Hollerhof von Familie Müller in Matzenbach (Pfalz). Zum Internationalen Tag der Milch am 01. Juni 2016 wurde das Projekt „Kunst trifft Milch“ offiziell vorgestellt.

Der Künstler Carl Kenz macht in Biesdorf bei Familie Bormann (Eifel) auf das harte und vielfältige Wirkungsfeld der Milchbauern aufmerksam. Ziel ist es, dem Betrachter zu verdeutlichen, dass hinter der Milchpackung im Supermarkt die alltägliche, oft schwere Arbeit von Menschen steht. Im Zentrum des Werkes befindet sich – wie auch auf dem Hof selbst – die Kuh. Davon ausgehend halten Tentakel Symbole der alltäglichen Arbeit auf dem Betrieb einerseits und die Endprodukte andererseits fest im Griff. Mit dieser Darstellung soll die Aufmerksamkeit auf die vielfältigen Betätigungsfelder gelenkt werden. Dem Beobachter wird außerdem deutlich gemacht, dass der Milchbauer häufig noch mehr als zwei Arme benötigt, um das Arbeitspensum zu stemmen und den unterschiedlichen Ansprüchen an die Milchgewinnung (Tierwohl, Hygiene, Qualität, Inhaltstoffe etc.) gerecht zu werden. Weitere Informationen zum Künstler Carl Kenz unter www.arsvivenda.com.  


Das Kunstwerk in Matzenbach soll ein Gefühl der Freude hervorrufen. Der Künstler Bonzai aus London schaffte um die Prämisse, dass Milch gut für den Menschen ist, ein Bild des Glücks: Blauer Himmel, saftiges, grünes Gras, Kühe auf der Wiese…kurz: Natur pur. Im Mittelpunkt und als zentraler Blickpunkt sprayte der Künstler dann eine Kuh mit ihrem Kalb, die über einen Zaun schauen. Zusammen mit einem frischen Glas Milch auf der linken Seite und einem hellen, klaren Schriftzug „Milch ist gut für Dich“ wurde das Silo in ein strahlendes Bild verwandelt, das für Milch wirbt und für viele Jahre bewundert werden kann.
Die Kunstwerke haben mittlerweile in den jeweiligen Landkreisen schon für Furore gesorgt. Neben den offiziellen Vertretern der Bauernverbände, besichtigten und fotografierten schon zahlreiche Besucher die in neuem Glanz erstrahlten Silos. Michael Horper (Milag-Vorsitzender und Präsident des Bauern-und Winzerverbandes Rheinland-Nassau e.V.) zum Projekt: „Durch das Graffiti auf den Silos kann der Bauernhof als Gesamtkunstwerk gesehen und so in einen positiven Trend gerückt werden.“ Neben der Verschönerung der Flächen sind weitere Ziele junge Menschen anzusprechen und die Wertschätzung der Landwirte zu verbessern. Zum Teil ist das jetzt schon geglückt. „Meiner Freundin gefällt das Graffiti total gut!“, so der 22-Jährige Junglandwirt Stefan Bormann. Der Familienbetrieb Bormann besitzt derzeit knapp 100 Milchkühe. Bekannt ist er auch als guter Zuchtbetrieb – über 100 Tiere Nachzucht befinden sich auf dem Betrieb. Der Vater von Stefan, Alfred Bormann, ist Vorsitzender der Züchtervereinigung Eifel. Der momentane, niedrige Milchpreis belastet somit die ganze Familie, deren Herz an der Milcherzeugung hängt. Stefan Bormann: „Die Landwirtschaft hat gerade keinen guten Stellenwert in der Gesellschaft. Dabei erzeugen wir gute Produkte! Aber wenn die Verbindung zur Landwirtschaft fehlt, dann spielt das keine Rolle. Deshalb nehmen wir an diesem Projekt teil. Wir möchten Aufmerksamkeit erzeugen, die Milch ins Gespräch bringen und dadurch die fehlende Verbindung zwischen Gesellschaft und Landwirtschaft wieder herstellen.“ 
Auch Eberhard Hartelt (Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Pfalz Süd e.V.) spricht die gegenwärtige Lage der Milchbauern in Rheinland-Pfalz an: „Der aktuelle Milchpreis ist ein Skandal. So kann kein Landwirt überleben. Wir brauchen wieder höhere Erzeugerpreise – unsere Qualitätsprodukte sind das wert.“ Hans Müller, Besitzer des Hollerhofes zur momentanen Situation: „Es haben auch in unserer Gegend schon viele Milchbauern ihren Betrieb aufgegeben.“ Heutzutage ist es wichtig, Milch als gesundes Grundnahrungsmittel ins Zentrum des Bewusstseins zu rücken und die Nachfrage am heimischen Markt zu stärken. „Gerade deshalb sind in den heutigen Zeiten solche Aktionen wichtig. Wenn nur ein paar Menschen dadurch zum Nachdenken angeregt werden, ist viel erreicht.“, so Michaela Müller. Familie Müller besitzt etwa 150 Milchkühe, die mit dem Melkroboter gemolken werden. „Weniger Arbeit ist das nicht, aber so sind wir selbst flexibler und können auch mal abends weg gehen. Wenn man drei Kinder hat, möchte man schon an deren Leben teilhaben.“, so die Landwirtin. Auch die Kinder lieben die Landwirtschaft und möchten den Betrieb in Zukunft mit hoffentlich besseren Auszahlungspreisen weiterführen.
Beim Internationalen Tag der Milch, der am 01. Juni 2016 in der Kunsthalle in Mainz stattfand, war die Resonanz durchweg positiv. Die 3. Rheinland-Pfälzische Milchkönigin Carina findet solche außergewöhnlichen Aktionen gut, um die Aufmerksamkeit der Menschen zu bekommen: „Wenn sich etwas so abhebt, fangen die Leute an darüber zu reden. Und genau das war unser Ziel.“ Auch Vertreter der rheinland-pfälzischen Ministerien staunten über das gekonnte Zusammenspiel von Kunst und Milch und freuten sich über den Erfolg. Das Projekt wurde vom Land ko-finanziert. Der Staatssekretär des neuen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau Andy Becht nutzte die Chance zu einem ersten Auftritt vor seinem zukünftigen bäuerlichen Klientel: „Ich freue mich auf die Zusammenarbeit, denn ich spüre das Feuer und die Leidenschaft bei den Anwesenden.“ Die Verbindung zwischen Milch und Kunst findet er sehr spannend. Auch beim Wein hat das Zusammenspiel mit der Kultur schließlich gut funktioniert.